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Test: Dino Crisis

Daten:
System: Dreamcast
Entwickler: Capcom
Vertrieb: Capcom
Version: Japan
Release: 06.09.00 (Japan)
Test in GAMEFRONT 33 (11/00)


Die Dinos flüchten von der PlayStation und setzen die Jagd auf dem Dreamcast fort - passenderweise in steinzeitlicher Grafik.


Vor etwa einem Jahr stampften wild gewordene Dinosaurier in Dino Crisis das erste Mal auf der PlayStation herum. Mittlerweile erschien in Japan eine PC Version von Dino Crisis, so dass eine Dreamcast Umsetzung nur eine Frage der Zeit war.

In Dino Crisis geht es hinaus auf eine Insel: Hier ist der Wissenschaftler Dr. Kirk verbissen auf der Suche nach alternativen Energiequellen. Der gute Doc liefert der Regierung aber keine Ergebnisse, so dass ihm diese kurzerhand den Geldhahn zudreht. Kurz darauf ereignet sich eine riesige Explosion auf der Insel und reisst Dr. Kirk in den Tod - angeblich.
Sofort entsendet die Regierung eine Spezialeinheit, um Licht ins Dunkel zu bringen. Als das dreiköpfige Team auf der Insel ankommt, findet es jedoch nur Leichen vor. Der Laborkomplex zeigt sich überraschend ruhig, von Dr. Kirk und den anderen Wissenschaftlern ist nichts zu sehen. In der Rolle der Söldnerin Regina, die zur Spezialeinheit gehört, hat der Spieler die Aufgabe herauszufinden, was auf der unheimlichen Insel vor sich geht.

Genau wie Resident Evil: Code Veronica steuert man seine Heldin durch eine 3-D Polygon-Umgebung, die sich mit 30 fps bewegt. Die Kamera zeigt Regina beim Umherlaufen aus verschiedenen Winkeln: Mal folgt sie ihren Bewegungen, dann verharrt sie starr in einer Perspektive.

Beim Erkunden des Laborkomplexes ist Regina weitgehend auf sich alleine gestellt. Ihre beiden Kampfgefährten funken sie gelegentlich an oder vertiefen den Plot in kurzen Dialogszenen. Regina krabbelt durch Lüftungsschächte, erkundet Räume verschiedenster Art und benutzt Leitern oder Treppen zum Etagenwechsel. Beim Betreten eines neuen Raums kommt es zu einer ähnlichen "Tür-Ladeanimation" wie in Resident Evil, die ca. 4-5 Sekunden dauert. Ansonsten zerbricht sie sich den Kopf mit dem Knacken von Computer-Codes, dem Öffnen von Türschlössern oder dem Lösen eines Puzzles.

Das gesamte Labor ist von mordlustigen Dinosauriern bevölkert, die Regina an die Wäsche wollen. Im Gegensatz zu den gemächlichen Zombies in Resident Evil sprinten sie mit Tempo durch die Gänge und öffnen sogar Türen. Regina hält sich die Echsenbrut mit Pistole oder Shotgun vom Leib. Munition findet sie ebenso wie Heiltränke in Kisten, die in dem Labor verteilt sind. Besonders praktisch ist die Mix-Funktion im Inventory, mit der Regina zwei Gegenstände miteinander vermischt: Aus einem Erste Hilfe Koffer werden zusammen mit einem Anti-Serum tödliche Giftpfeile, die sie mit ihrer Waffe abfeuert.

Tagebücher und Aufzeichnungen geben ihr wichtige Tipps zum Lösen eines Rätsels oder weihen sie in die makaberen Geschehnisse der letzten Stunden ein. Mit der Kartenfunktion fällt die Orientierung in den riesigen Gebäuden recht leicht. Nicht nur Speicherpunkte sind auf der Karte verzeichnet, sondern auch die nächsten Zielorte.
Zum einfachen Gehen dient das digitale Steuerkreuz. Mit gedrückt gehaltener A Taste rennt Regina, und mit R zückt sie die Waffe. Der automatisch anvisierte Feind wird mit dem X Button unter Beschuss genommen. Eine schnelle 180 Grad Drehung, die sich bestens für Fluchtaktionen eignet, wird mit A und dem nach-unten Druck auf dem Joypad ausgeführt. Das Menü öffnet sich per Y Taste und gewährt Zugang zur Item-Verwaltung, Ausrüstung, Karten- und Mix-Funktion. Die Bildschirmtexte sind japanisch, während die Sprachausgabe in Englisch aus den Lautsprechern dröhnt.




Die Dinosaurier sind ausgestorben, Capcoms Konvertierungs-Wut hingegen nicht. Während auf der PlayStation in den nächsten Tagen Dino Crisis 2 erscheint, speist Capcom die Dreamcast-Gemeinde mit einer technisch prähistorischen Umsetzung des Vorgängers ab.

Im Vergleich zur PlayStation Version gibt es nun eine höhere Auflösung und gefilterte Texturen. Was auf der PlayStation noch akzeptabel aussah, wirkt auf dem Dreamcast peinlich: Mit Resident Evil Code: Veronica hat Capcom gezeigt, wie eine 3-D Echtzeitumgebung auszusehen hat. Dagegen sucht man in Dino Crisis Textur-Vielfalt verzweifelter als ein Tyrannosaurus sein nächstes Opfer. Die kümmerlich ausgeschmückten Räume hinterlassen einen faden Nachgeschmack und sind eines Dreamcast unwürdig. Ebenso verhält es sich mit den kantigen Polygonmodellen, die mit ihren Ecken die Dinos fast automatisch aufspiessen. Die fehlenden Gesichtsanimationen der Charaktere bei den Dialogen sind ein Beweis für die schludrige Arbeit der Capcom-Fabrik.

Dagegen portierte man die PlayStation typischen Grafikfehler wie Texturverzerrungen gleich mit auf den Dreamcast - anscheinend haben die Programmierer eine etwas seltsame Vorstellung beim Thema "Umsetzungen". Im Schlepptau der enttäuschenden Grafik befindet sich das Gameplay, das bereits auf der PlayStation eine leichte Staubschicht angelegt hatte. Nach kräftigem Draufpusten entpuppt sich auf dem Dreamcast auch nichts Neues: Puzzles lösen, Dinos töten, Hinweis lesen. Zwar ist Reginas Überlebenskampf immer noch spannender als der Alltag von Jägern und Sammlern, doch ist er von einer gewissen Lustlosigkeit und Frust begleitet.
Beim Betreten eines Raums muss man auf Überraschungsangriffe der Dinos gefasst sein. Sie schleichen nicht so gemächlich wie die Zombies voran, sondern hechten fast so flink wie Sonic auf Regina zu. Dumm ist nur, dass die Kamera die heranstürmenden Angreifer nur selten rechtzeitig einfängt. Die Kameraführung wird weder übersichtlich wie in Code Veronica noch atmosphärisch steigernd wie in Silent Hill genutzt.

Die hohe Anzahl an Puzzles, die von primitiv bis knifflig reichen, führen zu einer regelrechten Inflation. Puzzle Crisis statt Dino Crisis? Besonders die schlichte Charakter-Ausarbeitung und die plumpe Story rücken dadurch etwas in den Hintergrund. Die Artenvielfalt der Dinos ist zudem beschränkter als der Wortschatz eines Neandertalers. Der Spannungsbogen gönnt sich nach den ersten zwei Stunden eine Auszeit und verabschiedet sich in den Urlaub. Eine Maßnahme, die Capcom bei einigen Programmier-Teams auch mal einführen sollte.

Dinosaurier Skelette findet man heutzutage im Museum, und es würde mich nicht wundern, wenn Dino Crisis dort ebenfalls bald auftaucht. Es ist technisch veraltet, spielerisch unausgereift und reicht gerademal zur Raptoren-Fütterung. Hausmannskost statt Spitzenprodukt: Saurier-Jäger lassen die Schrotflinte im Regal und warten besser auf Dino Crisis 2.




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