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Test: Dreamfall: The Longest Journey


Nahe Cyber-Zukunft, ferne Fantasy-Welt: Adventure Heldin Zoë erkundet in Dreamfall: The Longest rätselhafte Parallell-Universen.


Das Adventure-Genre fristet auf der Heimkonsole ein Nischendasein. Mit Dreamfall findet ein Vertreter dieser seltenen Spezies den Weg auf die Xbox. Es handelt sich direkt um einen potentiell hochkarätigen Titel, denn mit dem Vorgänger The Longest Journey landete Entwickler Funcom auf dem PC einen Hit.

Dreamfall: The Longest Journey Screenshot Bild

In Dreamfall legt die 20-jährige Zoë Castillo eine schöpferische Pause ihres Biotechnik-Studiums ein, nachdem sie in den Schoß der Familie zurückgekehrt ist. Doch die Idylle währt nur kurz: Erst verschwindet ihr Freund Reza, dann empfängt sie die düsteren Botschaften eines Geisterkindes. Zoë macht sich daran eine Verschwörung aufzudecken und bereist diese und andere Welten.

Komfortabel erforscht man zunächst die Erde des Jahres 2219 aus Verfolgersicht. Im sonnigen Casablanca, heruntergekommenen Newport oder auf den bewachten Fluren eines Konzern-Komplexes lässt sich die Kamera mit dem rechten Stick ausrichten. Zu Beginn wimmelt es in der Welt von relevanten Objekten und Personen, die komfortabel durch transparente Kästchen markiert werden. Die Interaktionsmöglichkeiten werden als Symbol im unteren Bildschirmdrittel angezeigt: Der Spieler führt ein 'Gespräch mit Olivia' und gewinnt sensible Informationen durch Auswahl geeigneter Fragen.

'Untersuche das Terminal', 'Nimm Bauteile auf' - Gegenstände landen für das Lösen einfacher Rätsel im Inventar, durch das man mittels Steuerkreuz blättert. Das getunte Handy hackt die elektronische Barriere, ein zerrissenes Ticket kombiniert und flickt man mit einem Aufkleber. Gelegentlich stehen auch eingängige Action- und Puzzle-Einlagen an. So bekämpft Zoë den verlausten Türsteher durch Schläge und Tritte mit den Tasten; ein Kraftfeld wird nach korrekter Auswahl kryptischer Symbole unter Zeitdruck deaktiviert.

Geht's nicht mehr weiter, lohnt ein Blick ins Tagebuch. In den Einträgen findet der Spieler alle bisherigen Handlungen und Gespräche, sowie Tipps für die nächste Aktion.

Im späteren Verlauf verschlägt es Zoë in das altertümliche Arcadia: In der magischen 'Fantasy-Welt' trifft man auf alte Bekannte, schlüpft für kurze Zeit in andere Rollen. April Ryan, die Heldin aus dem Vorgänger 'The longest Journey', oder Apostel Kian erforschen die besetzte Stadt Marcuria und verfolgen gegensätzliche Ziele.

Eine epische Hintergrundgeschichte ist das verbindende Element, die in langen Gesprächen und zahlreichen Videosequenzen erzählt wird.

Sie ist klug und hübsch, kommt aber nur langsam auf Touren: Die erste Stunde mit der forschen Zoë ist noch gemächlich. Man lernt die Grundstruktur kennen und die charmante Zoë mögen. Doch dann zündet Dreamfall den Atmosphäre-Turbo! Konversationen und Videosequenzen sind gekonnt geschnitten und aus eindrucksvoller Perspektive gefilmt. Sie begeistern mit einem inhaltlichen Mix aus Action, 'Mystery' und Verschwörungstheorie.

Dreamfall: The Longest Journey Screenshot Bild

Immer weiter wird der Spieler in den Strudel der Ereignisse hineingesogen - man will unbedingt wissen, wie es weiter geht. Sprudelt der Bereich Inszenierung vor Inspiration über, sucht man anspruchsvolle und fordernde Elemente im eigentlichen Spiel selbst mit der Lupe vergebens: Immer wieder lineare und begrenzte Areale ablatschen, Gegenstände finden und direkt benutzen, gelegentlich simple Action-Einlagen bestehen.

Im letzten Drittel trotten die Charaktere nur noch wie auf Schienen durch die Levels und bekommen benötigte Objekte förmlich vor die Füße geworfen. Das ist stumpfsinnig und was für Leute mit weicher Birne!

Schade, denn auf technischer Seite gibt es nichts zu bemängeln. Die Spielwelt wird optisch ansprechend in Szene gesetzt. Die Stärken der Grafik-Engine liegen in der Darstellung weitläufiger Areale: Zukunfts-Wohnhaus oder Cyber-Bar wirken im Vergleich zu den Wäldern und Gewölben Arcadias wenig sensationell.

Die Joypad-Steuerung - in 'Point-And-Click-Adventures' noch oft umständlich - geht in Dreamfall butterweich von der Hand. Auch die Ladezeiten sind kurz, der Spielstand lässt sich jederzeit speichern.

Dreamfall: The Longest Journey Screenshot Bild

Der Soundtrack umgarnt den Abenteurer mit wechselnden Stilrichtungen: Er zieht ihn mal mit Klassik-, dann mal wieder mit leichten Rock-Themen ins Geschehen hinein. Nicht umsonst kassierte die Musik bei den diesjährigen MTV Video Music Awards eine Nominierung in der Kategorie 'Best Video Game Score'.

Die deutsche Synchronisation ist professionell. Doch wer lieber im Original spielt, kann im Optionsmenü Audiospur und Untertitel auf englische Sprache umstellen. Alle Texte lassen sich in der PAL-Auflösung problemlos lesen.

Starker Anfang, schwacher Abgang. Kann Dreamfall anfangs noch mit spannender Geschichte und schneidender Atmosphäre auftrumpfen, würgt das auf Dauer stupide Spielgeschehen den Spaß-Motor spätestens zur Halbzeit ab. Es mangelt an Rätseln und anspruchsvollen Aufgaben.
Wer sich etwa zwanzig Stunden bis zum Ende durchbeißt, bekommt immerhin so etwas wie einen guten Film geboten. Die Konkurrenz präsentiert mit Still Life das deutlich reifere Produkt, das gekonnt pure Dramatik und interessante Rätsel verwebt.

Spielspaß-Wertung




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